Verwunschene Wege
Aachen
800.00 Menschen tummeln sich im Laufe eines Jahres am Dreiländerpunkt. Dort, beim höchsten Punkt der Niederlande, wo belgische, deutsche und niederländische Grenzen aneinanderstoßen, locken zahlreiche Attraktionen.
Doch kann man den Publikumsmagneten auch auf stillen Wegen durch die Grenzwälder erwandern. Von der Karlshöhe vorbei am Fernmeldeturm „Mulleklenkes“ (133m) folgen wir dem Verlauf des einstigen Landgrabens, einer mittelalterlichen Befestigung aus Erdwall, Graben und Buchenhecke. Über 70 Kilometer führte er rund um die ländlichen Gebiete des Aachener Reichs und sicherte die üppigen Wälder vor Holzräubern. 1611 signalisierten Grenzsteine mit eingemeißeltem städtischem Wahrzeichen, dem Adler, den rechtmäßigen Besitzer. Zwei Adlersteine begegnen uns auf der Tour: versteckt in Nähe der deutsch-belgischen Grenzschranke und später mitten auf dem Weg in Nähe des Wilhelminaturms. Unterwegs lassen sich entlang der aktuellen Grenzen immer wieder Reste des alten Walls und der Buchenhecke mit ihren alten, knorrig herausgewachsenen Baumreihen erahnen. Mit dem Türmchen Beeck stoßen wir auch auf einen der alten Wachtürme am Landgraben.
Dann öffnet sich vor uns ein weites Wiesengelände. Es liegt auf deutscher Seite und hat sich keck in mit einem schmalen Streifen in den belgischen Wald gefingert. Das kleine Drehkreuz „Rüttchen“ markiert den unscheinbaren Grenzübergang. Wie durch einen grünen Tunnel geht es nun auf den Geusenweg. Im 18. Jh. ermöglichte er einen versteckten Kirchweg zwischen Eupen und Vaals, wo Protestanten, die damals als „Geusen“ (Bettler) beschimpft und verfolgt wurden, eine tolerante Insel inmitten eines katholisch dominierten Umfeldes.
Mit Aussicht auf den Westen der Stadt geht es hinauf zum Dreiländerpunkt. Adlerstein und eine Spielstation des Naturerlebnispfades lassen alte und gegenwärtige Grenzen im Wald erleben. Wir treten aus dem Waldversteck und genießen das stillere Ende des Dreiländerpunktes mit Aussichtsturm nebst Skywalk und Gastronomiebetriebe mit herrlichen Aussichtsterrassen. Nach der Pause nutzen wir den stillen Waldweg entlang der alten Landgrabengrenze, abseits von Autoverkehr. Am Ende der Parallelstrecke kann, wer will, in den Dreiländertrubel eintauchen hier warten: Dreiländerpunkt, höchster Punkt der Niederlande, Labyrinth und Baudouin-Aussichtsturm.
Zurück geht es über den Königsweg, eine populäre Wanderpiste zum Dreiländerpunkt. Schnell wechselt die Begrüßung zwischen „Hallo“, „Middag“ oder „Bonjour“ und verrät die Herkunft des vielfältigen Publikums. Schon bald erreichen wir die nächste Pilgerroute, diesmal im eigentlichen Sinne. Seit 1863 wird der acht Kilometer lange Bittweg, der auch Teil des Jakobswegs ist, von den Mittwochspilgern einmal wöchentlich zur Pilgerschaft von Aachen nach Moresnet-Chapelle genutzt. Der Weg im Grenzwald hat im Laufe der Geschichte so manchen als Fluchtroute in Kriegszeiten oder als Schmuggelroute gedient. An den Betonzähnen des Westwalls treffen sich Krieg und Frieden. Von den Nazis noch als unüberwindliche Verteidigungslinie propagiert, war das Bollwerk von 1938/39 bereits fünf Jahre später veraltet und konnte der Befreiung durch die Alliierten nicht viel entgegensetzen. Das benachbarte Pilgerkreuz gedenkt der Kriegsopfer und mahnt zum Frieden in Europa.
Highlights entlang der Strecke:
1 Landgraben, Adlersteine
2 Geusenweg
3 Wilhelminaturm Skywalk
4 Dreiländerpunkt, Höchster Punkt der NL, Baudointurm, Labyrinth
5 Bittweg
6 Westwall